Berufsständische Versorgungswerke

Von Jürgen Busch

Letzte Aktualisierung am: 29. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Berufsständische Versorgungswerke
Berufsständische Versorgungswerke

Für Selbstständige gibt es bei der Ausübung ihres Berufs eine Hürde: Sie können diesen oft nur dann ausüben, wenn sie Mitglied in einer Kammer sind. Hier kommen die IHK, die Handwerkskammer und die Rechtsanwaltskammer in Betracht. Auch Angehörige verschiedener freiberuflich ausgeübter Tätigkeiten unterliegen der Pflicht der Kammerzugehörigkeit. Gleichzeitig sind diese Mitglieder als Pflichtmitglieder in den berufsständischen Versorgungswerken geführt.

Welche Berufe betrifft das?

Für die Ausübung der folgenden Berufe ist die Kammermitgliedschaft unverzichtbar:

  • Ärzte
  • Zahnärzte
  • Tierärzte
  • Apotheker
  • Architekten
  • Notare
  • Rechtsanwälte
  • Ingenieure
  • Psychologische Psychotherapeuten
  • Steuerberater
  • Wirtschaftsprüfer

Sofern sich die Freiberufler nicht in der zuständigen Kammer anmelden, können sie ihrem Beruf auch nicht nachgehen, das heißt, sie erhalten in dem Fall keine Zulassung. Die Angehörigen dieser Berufe müssen sich des Weiteren bei den berufsständischen Versorgungswerken anmelden. Die Leistungen dieser Versorgungswerke sind mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar – und stehen sogar in dem Ruf, umfassender als viele private Rentenversicherungen zu sein.

Diejenigen, die in den kammerpflichtigen Berufen tätig sind, müssen in der Regel keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Wurden vor der Tätigkeit aber bereits Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung gesammelt, so bleiben diese erhalten. Wer für eine kürzere Zeit als fünf Jahre Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann sich das Geld auf Antrag auszahlen lassen. Angestellte können sich ebenfalls in den berufsständischen Versorgungswerken versichern lassen, müssen dann aber eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beantragen.

Weitere Ratgeber zu den einzelnen berufsständischen Versorgungswerken

Die Beiträge in den Versorgungswerken

Für die Versorgungswerke gilt die sogenannte Satzungsautonomie, die besagt, dass jedes Werk die Höhe der Beiträge selbst bestimmen kann. Allerdings gibt es hier Einschränkungen: Wer sich als Freiberufler von der gesetzlichen Rentenversicherung hat befreien lassen, darf in die Versorgungswerke nur Beiträge in der Höhe einzahlen, wie sie auch für die Rentenversicherung fällig gewesen wären. Hier gilt die Beitragsautonomie daher nicht. Für Selbstständige sieht die Sache anders aus.

Ein fester Prozentsatz der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit wird als Beitrag erhoben, wobei dieser Prozentsatz sich auch an der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert. Das heißt, werden 16 Prozent der Einkünfte erhoben, so wird der Betrag maximal 16 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze betragen. Über die Pflichtsumme hinaus kann jeder Versicherte freiwillige Beiträge entrichten. Bei fehlenden Einnahmen können die Beiträge in der Regel ausgesetzt oder gestundet werden.

Die Leistungen der Versorgungswerke

Die Mitglieder der Versorgungswerke zahlen Beiträge, dafür bekommen sie bei Bedarf bestimmte Leistungen zugestanden. Erworben wird beispielsweise ein Anspruch auf Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente.

Hinweis: Auch im Todesfall werden Leistungen an die Angehörigen des Versicherten gezahlt.

Insgesamt lassen sich die Leistungen der Versorgungswerke mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichen. Die Leistungen sehen im Einzelnen wie folgt aus:

  • Berufsunfähigkeit: Die Berufsunfähigkeitsversicherung hier kann mit einer Absicherung gegen die berufsbezogene Erwerbsunfähigkeit gleichgesetzt werden. Denn sie tritt nur in Leistung, wenn eine 100prozentige Berufsunfähigkeit vorliegt und der Beruf gar nicht mehr ausgeübt werden kann.Die eingeschränkte Fähigkeit, den Beruf auszuüben, wird nicht versichert. Allerdings wird hier der Berufsschutz gewährt, was bei der gesetzlichen Rentenversicherung nicht der Fall ist. Das bedeutet, dass nur solche Tätigkeiten ausgeübt werden müssen, die zum üblichen Berufsspektrum gehören.Die Versicherung wird ohne Gesundheitsprüfung gewährt und wandelt sich bei Erreichen des Regelrentenalters in eine Altersrente um. Als Wartezeit gelten oft nur wenige Monate und nicht fünf Jahre wie in der gesetzlichen Rentenversicherung.
  • Rehabilitationsmaßnahmen: Die Versorgungswerke gewähren Zuschüsse zu medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen, wenn damit die Berufsfähigkeit wiederhergestellt werden kann.
  • Altersrente: Eine allgemeingültige Berechnungsformel für die Höhe der Altersrente gibt es nicht. Wichtig ist jedoch die eingezahlte Beitragssumme – wobei freiwillige Beiträge die Altersrente natürlich erhöhen. Verzinst werden die Beträge zwischen drei und vier Prozent. Wer neu in das Versorgungswerk eintritt, darf bei den meisten Anbietern maximal 60 Jahre alt sein. Die früher gültige Grenze von 45 Jahren ist bei den meisten Versorgungswerken nicht mehr relevant.
  • Hinterbliebenenrente: Sofern das Mitglied des Versorgungswerkes zum Zeitpunkt seines Todes selbst einen Anspruch auf Leistungen hatte, werden diese an die Hinterbliebenen in Form von Witwen- oder Waisenrenten gezahlt. Bei einigen Versorgungswerken werden die Renten für Hinterbliebene mit Sterbegeldern kombiniert, die dann ebenfalls zur Auszahlung kommen.

Voraussetzungen für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung

Wer sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen möchte, muss eine berufsspezifische Tätigkeit ausüben. Wer als selbstständiger Arzt tätig und damit Mitglied der entsprechenden Kammer ist, wird keine Probleme mit den Versorgungswerken haben. Wer aber als Architekt tätig war und dies zugunsten einer Tätigkeit als freier Kulturjournalist aufgibt, zählt nicht mehr als berufsspezifisch tätig.

Ob eine Tätigkeit als berufsspezifisch gilt oder nicht, muss im Einzelfall geklärt werden. Wer diese Tätigkeit für einen Höchstzeitraum von zwei Jahren aufgibt, bleibt übrigens immer noch Mitglied im Versorgungswerk. Problematisch wird es auch für Juristen, die eigentlich als Anwalt tätig sind. Sie sind Pflichtmitglieder in den Rechtsanwaltsversorgungswerken. Arbeiten sie jedoch nicht zweifelsfrei als Rechtsanwälte, so ist die Mitgliedschaft nicht möglich – das Rechtsanwaltsversorgungswerk gilt nicht für alle Juristen. Dann ist auch die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht möglich.

Was passiert, wenn …

– … ich in ein anderes Bundesland umziehe?

In dem Fall ist es möglich, die bereits erworbenen Ansprüche auf Antrag hin an das neue Versorgungswerk übertragen zu lassen. Grundsätzlich gilt, dass die Beiträge dort eingezahlt werden müssen, wo der Betreffende arbeitet. Allerdings sind einige Versorgungswerke schon dazu übergegangen, die Beiträge einfach aufzuheben. Das heißt, dass jeder dort einzahlt, wo er arbeitet. Wenn er dann aber in das Rentenalter kommt, wird die Rente von verschiedenen Stellen ausgezahlt. Diese Regelung ist allerdings noch nicht weitreichend eingeführt und wird von einigen Versorgungswerken noch skeptisch gesehen, schon allein aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands.

– … ich arbeitslos werde?

Wer Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist und arbeitslos wird, kann den Antrag auf Arbeitslosengeld gemeinsam mit dem Antrag auf Übernahme der Beiträge für das Versorgungswerk bei der Arbeitsagentur einreichen. Hier muss außerdem die Bescheinigung über die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung vorgezeigt werden. Das Arbeitslosengeld wird nicht gekürzt, wenn die Arbeitsagentur die Beiträge für das Versorgungswerk übernimmt.

 Die Anzahl der Kinder für die Versicherung
Die Anzahl der Kinder für die Versicherung

– … ich Kinder bekomme?

Für Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung spielt die Anzahl der Kinder eine Rolle. Das ist in den Versorgungswerken nicht der Fall. Noch bis vor wenigen Jahren waren die Versicherten in den Versorgungswerken sogar von der Anerkennung der Kinderziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gänzlich ausgeschlossen. Seit 2008 gilt nun die Regelung, dass die Kindererziehungszeiten auch für diejenigen Auswirkungen auf die Altersrente haben müssen, die in den berufsständischen Versorgungswerken versichert sind. Damit die Kindererziehungszeiten anerkannt werden, muss dies bei der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt werden.

Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden drei Jahre als Kindererziehungszeit berücksichtigt, für Kinder, die davor auf die Welt kamen, jedoch nur ein Jahr. In der Wartezeit von 60 Monaten entsteht damit eine Lücke, die über die Zahlung von freiwilligen Beiträgen geschlossen werden kann

Hinweis: In der Zeit des Mutterschutzes sowie in der Elternzeit von bis zu drei Jahren werden ermäßigte Beiträge erhoben.

Auch eine gänzliche Beitragsbefreiung ist möglich, dann sinkt allerdings die Höhe der Rentenanwartschaft.
Der ermäßigte Beitrag beläuft sich auf die Höhe des monatlichen Mindestbeitrags. Dann sinkt die Anwartschaft hingegen nicht.

– … ich im Ausland tätig bin?

Die Bundesrepublik hat mit vielen Ländern ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen, das auch die Altersversorgungssysteme umfasst. Meist unterliegt der Betreffende auch bei seiner Tätigkeit im Ausland der Pflicht zur Rentenversicherung.

Wichtig ist, dass die Arbeitszeiten in Abkommensstaaten erfüllt wurden, denn nur so können sie auf die Wartezeit der Rentenversicherung bzw. der Versorgungswerke angerechnet werden.

Auch kurze Aufenthalte im Ausland zählen dazu, wobei während dieser Zeit teilweise sogar schon Wartezeiten für die Rentenversicherung in dem betreffenden Ausland erfüllt werden können.

– … ich als scheinselbstständig gelte?

Bei der Scheinselbstständigkeit liegt das Problem darin, dass der Betreffende bei der Einschätzung seiner Tätigkeit von einer Selbstständigkeit ausging, die Rentenversicherung jedoch der Meinung ist, dass es sich um eine Angestelltentätigkeit handelt. Der Arbeitgeber muss dann die eigentlich fälligen Beiträge an die Sozialversicherung nachzahlen. Unerheblich ist dabei, dass der Betreffende Mitglied im Versorgungswerk ist. Das Geld, welches an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt wird, ist verloren.

Kurzum: Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk ist nur dann interessant, wenn eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nachgewiesen werden kann und der Antrag auch rechtzeitig gestellt worden ist.

Der Betreffende ist quasi doppelt versicherungspflichtig, hat finanziell gesehen von dieser Tatsache aber nichts. Im schlimmsten Fall kann sich dies sogar auf die Anwartschaft im Versorgungswerk auswirken, wenn dieses nämlich die Beiträge nachträglich anders festsetzt. Derjenige, der als freier Mitarbeiter tätig ist, überwiegend Aufträge für einen Auftraggeber erledigt und keine eigenen Angestellten hat, sollte unbedingt an die rechtzeitige Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht denken. Ansonsten sei es ihm nahegelegt, den Auftraggeber über eventuelle Nachteile aus der Scheinselbstständigkeit zu informieren, denn dieser wird der Hauptleidtragende sein.

Die Niedrigzinsen und die Rendite der Versorgungswerke

Die Rendite in den Versorgungswerken beträgt zwischen drei und vier Prozent – so verwundert es nicht, dass die Versorgungswerke als elitäre Gemeinschaften gesehen werden. In etwa entspricht die Rendite damit der, die auch von Lebensversicherungen erzielt wird. Allerdings sind die Kosten, die in Form von Beiträgen erhoben werden, deutlich geringer, als wenn in eine private Lebensversicherung eingezahlt werden würde. Dennoch wird die hohe Rendite eines Tages zum Problem werden, wenn die Generation der „Babyboomer“ ins Rentenalter kommt. Der verfügbare Betrag muss unter zu vielen Rentnern aufgeteilt werden, was die Aussicht auf einen Alterswohlstand deutlich schmälert.

Ein Problem wird außerdem auftreten, wenn die Zinsen weiterhin auf dem derzeit niedrigen Niveau bestehen bleiben. Dann werden die Anbieter ihre Versprechen nicht mehr halten können und die Renten werden gekürzt. Noch wackelt kein Versorgungswerk, weil über die Jahre hinweg Zinsschwankungsreserven gebildet worden sind. Damit die Renten aber stabil gehalten werden können, braucht es ein höheres Deckungskapital.

Bedenken Sie: Bislang haben nur wenige Versorgungswerke ihre Zinsen gesenkt!

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Über den Autor

Autor
Jürgen Busch

Als Autor und Internetunternehmer verfasste Jürgen Busch zahlreiche Beiträge für dieses Ratgeber-Portal. Im Fokus standen die Themenbereiche Existenzgründung, Marketing, Akquise und Honorare für Freiberufler aus dem Medienbereich. Als glücklicher Opa von fünf Enkelkindern betreibt er heute Ratgeber-Portale für die Zielgruppe „Oma & Opa“. Grossvater.de ist dabei sein Lieblingsprojekt.

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