Factoring

Von Jürgen Busch

Letzte Aktualisierung am: 27. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Factoring
Factoring

Viele Freiberufler werden sich sagen: Warum soll ich mich mit Factoring abgeben? Das ist doch nur was für die großen Unternehmen und Gewerbebetriebe! Doch weit gefehlt, wie das Beispiel des Grafikerbüros zeigt: Hier wird vor allem auf die Zusammenarbeit mit langjährigen Kunden gesetzt.

Ein Kunde hat immer große Aufträge platziert und konnte nicht zahlen. Aufgrund der früheren guten Zahlungsmoral bekam er einen Aufschub. Nun jedoch ist er zahlungsunfähig und das Grafikerbüro bleibt auf Forderungen von 20.000 Euro sitzen – bei einem Jahresumsatz von 100.000 Euro ist dies ein schwerer Verlust! Die Factoringgebühr hätte nur maximal vier Prozent betragen …

Was ist Factoring?

Unter Factoring wird die Übertragung oder Abtretung von Forderungen verstanden. Das heißt, hier tritt ein Unternehmen seine Forderungen gegen den Schuldner an ein Factoringunternehmen ab. Dabei zählt das Factoring zu den Finanzdienstleistungen und wird von mittelständischen Unternehmen als Finanzierungsquelle genutzt.

Die Teilnehmer am Factoring sind auf der einen Seite der Lieferant selbst – hier also der Freiberufler -, auf der anderen Seite der Factor. Der Factor kann ein Kreditinstitut ebenso sein wie ein anderer Finanzdienstleister. Der Forderungsschuldner, welcher in diesem Fall der Kunde des Freiberuflers wäre, ist der Dritte im Bunde. Unterschieden wird zwischen dem echten und dem unechten Factoring.

Echtes FactoringUnechtes Factoring
Die Forderungen werden an den Factor übertragen, der auch das Risiko des Forderungsausfalls übernimmt.

 

Der Lieferant haftet für die Rechtmäßigkeit der entstandenen Forderungen.

 

Das Risiko des Forderungsausfalls verbleibt beim Leistungserbringer, die Forderungen werden aber an den Factor übertragen.

 

Dies ist gerade bei Freiberuflern eine häufig gewählte Form des Factorings, weil sie mit einer geringeren Gebühr einhergeht.

Der Lieferant haftet für die Rechtmäßigkeit der entstandenen Forderungen.

Es gibt beim Factoring verschiedene Angebotspakete, sodass sich der Dienstleister zwischen dem teilweisen und dem Rundum-Service entscheiden kann. Beim Full Service übernimmt der Factor alles. Er trägt die Finanzierung, das Risiko des Forderungsausfalls, übernimmt das Mahnwesen und die Debitorenbuchhaltung. Gerade freiberufliche Steuerberater oder freiberufliche Rechtsanwälte wählen diese Variante sehr häufig, weil hier wirklich alles enthalten ist und sie sich um nichts mehr weiter kümmern müssen. Dabei gibt es die Möglichkeit, zwischen dem stillen und dem offenen Factoring zu wählen:

Stilles FactoringOffenes Factoring
Der Kunde des Freiberuflers – also der Debitor – erfährt nichts von der Forderungsabtretung, alles läuft im Stillen ab.Die Kunden des Freiberuflers erhalten eine schriftliche Mitteilung über die Abtretung der Forderung an einen Factor. Die Überweisung der offenen Forderungen erfolgt direkt an die Finanzierungsgesellschaft.

Die relevanten Daten werden heute natürlich nur noch elektronisch an den Factor übermittelt. In der Praxis gibt es diesbezüglich keine Probleme. Für Steuerberater bietet sich zum Beispiel die Datev an, die Schnittstellen für das Factoring bietet. Die Daten, die in der Buchführung bereits erfasst wurden, können so ganz einfach an den Factor übermittelt werden.

Wann lohnt sich Factoring für den Freiberufler?

Sicherlich stellen auch Sie sich als Freiberufler die Frage, ob sich Factoring für Sie überhaupt lohnt. Die Frage kann nicht pauschal beantwortet werden und hängt immer von der Betrachtung des Einzelfalls ab.

Factoring kann sich bezahlt machen, wenn es Ihnen nicht möglich ist, das gebotene Skonto von Lieferanten auszunutzen, weil Sie selbst nicht mehr liquide genug sind. Auch in dem Fall, wenn Forderungsausfälle Ihr Ergebnis belasten und Sie selbst in eine finanzielle Krise zu stürzen drohen, kann das Factoring der Ausweg sein.

Doch merke: Factoring ist kein Instrument für die Sanierung! Das heißt, ein Factor wird Sie nicht aufnehmen, wenn Sie selbst kurz vor der Insolvenz stehen, auch wenn Sie dafür eigentlich nichts können. Factoring zahlt sich auch dann aus, wenn Sie als Freiberufler und Selbstständiger:

  • eine Gesellschaft gegründet haben und einen Mitgesellschafter auszahlen müssen
  • zu viel Zeit mit dem Mahnwesen und dem Einzug von Forderungen verbringen und dafür das Tagesgeschäft auf der Strecke bleibt
  • ständig hohe Außenstände haben
  • sich vor Forderungsausfällen schützen wollen
  • eine Entspannung Ihrer finanziellen Situation wünschen

Sicherlich ist das Factoring für alle interessant, die einer selbstständig Tätigkeit nachgehen. Doch während es für selbstständige Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte und Steuerberater gang und gäbe ist, auf einen Factor zu setzen, sind andere Freiberufler hier noch nicht so weit. So setzt ein freier Journalist, Übersetzer oder Dolmetscher sicherlich weniger schnell auf die Hilfe eines Factoringunternehmens, was sich aus Kostengründen erklären lässt. Denn auch ein Factor möchte Geld sehen und wenn der eigene Umsatz im Jahr sehr gering ist, wird gern an weiteren Ausgaben gespart.

Dies kann aber auch zu kurz gedacht sein: Wenn von dem jährlichen Gewinn von 18.000 Euro noch 2.500 Euro wegfallen, weil ein Kunde nicht zahlt, kann schnell die Existenz bedroht sein. Es muss also stets der Einzelfall betrachtet und dann entschieden werden, ob sich Factoring lohnt oder nicht. Zumal es die Möglichkeit gibt, verschiedene Leistungsumfänge zu buchen, sodass sich hier wieder Einsparmöglichkeiten ergeben. Werden separate Einzelleistungen gebucht, ist das weitaus günstiger als das Full-Service-Paket.

Als Faustregel gilt: Wenn der zu erwartende Forderungsausfall pro Jahr nicht mehr als 10 Prozent ausmacht, ist Factoring in den meisten Fällen zu teuer.

Vorteile des Factorings für den Freiberufler

Die folgende Übersicht zeigt einmal die Vorteile des Factorings:

Finanzierungsfunktion

 

 

Viele Freiberufler erhalten nur schwer einen Kredit – das gilt vor allem dann, wenn es auf Zeit ankommt und das Geld dringend benötigt wird.
Für das Factoring werden keine Sicherheiten verlangt. Die Liquidität ist sofort gegeben, die Eigenkapitalquote verbessert sich.
Der Freiberufler wird von Kreditinstituten besser geratet, was beste Voraussetzungen für einen weiteren Kreditantrag schafft
Schutz vor Forderungsausfall

 

 

Wer sich für das echte Factoring entscheidet, genießt den Forderungsausfallschutz.
Ein Kunde, der nicht zahlt, bedeutet keine Katastrophe mehr. Sie als Freiberufler müssen sich nicht mit dem Mahn- oder Inkassoverfahren herumschlagen und bekommen dennoch Ihr Geld.
Die von Ihnen erbrachten Leistungen werden honoriert.
Optimierungsfunktion

 

 

Factoring entlastet die Buchhaltung des Freiberuflers und Selbstständigen, da das Mahn- und Inkassowesen übernommen wird.
Als Freiberufler können Sie sich um das Tagesgeschäft kümmern. Die Debitorenbuchhaltung kann übertragen werden.
Bessere Kundenbindung

 

 

Auch bei Kunden von Freiberuflern kommt es teilweise darauf an, möglichst lange Zahlungsziele zu erreichen.
Durch das Factoring können erweiterte Zahlungsziele angeboten werden, weil Sie als Dienstleister Ihr Geld sofort bekommen, auch wenn der Kunde erst später an den Factor zahlt.
Eigene Vergünstigungen

 

 

Dadurch, dass Sie keine Zahlungsausfälle hinnehmen müssen und sofort über Ihre Honorare verfügen können, können Sie selbst Vergünstigungen und Skonti in Anspruch nehmen.

All diese Vorteile treffen sicherlich für Existenzgründer und Kleinunternehmer ebenfalls zu. Dennoch haben sie es etwas schwerer, in den Genuss des Factorings zu kommen. Die Umsätze sind gerade zu Beginn der freiberuflichen Tätigkeit noch zu gering, als dass sich die Gebühren, die für das Factoring zu zahlen sind, lohnen würden.

Hier bedenke man wieder die Faustregel, dass sich Factoring erst lohnt, wenn jährlich mit Ausfällen ab 10 Prozent der Umsätze zu rechnen ist. Existenzgründer und Kleinunternehmer, die einen Umsatz von max. 17.500 Euro im Jahr haben, würden drei bis vier Prozent an Gebühren zahlen – das wären 525 bzw. 700 Euro im Jahr. Das klingt erst einmal nicht viel, wäre aber ungefähr ein halber Monatsumsatz, auf den kein Freiberufler einfach verzichten kann.

Auch hier hängt es also wieder davon ab, wie hoch die Umsätze sind und wie die allgemeine Zahlungsmoral der Kunden ist. Wenn die Chance besteht, dass die Kunden ihren Zahlungsverpflichtungen wirklich nachkommen, ist das Factoring für Kleinunternehmer und Existenzgründer zwar vorteilhaft, jedoch nicht unbedingt gewinnbringend.

Wie erfolgt die Abrechnung beim Factoring

  1. Factoring schließt der Freiberufler einen Vertrag mit dem Factor, außerdem den Dienstleistungsvertrag mit dem Kunden.
  2. Gleichzeitig mit der Lieferung der Leistung an den Abnehmer tritt der Freiberufler seine Forderungen an den Factor ab.
  3. Der Factor zahlt den Rechnungsbetrag an den Freiberufler.
  4. Der Factor übernimmt das Mahnwesen und das Inkasso gegen den Kunden.
  5. Der Kunde zahlt den Rechnungsbetrag an den Factor.

Der Freiberufler muss sein Honorar derart gestalten, dass die Mehrausgaben für den Factor durch den Kunden getragen werden. Da dies marketingtechnisch nicht in jedem Fall möglich ist, können die Ausgaben für den Factor auch als Betriebsausgaben geltend gemacht werden und wirken sich damit steuermindernd aus. Insofern hat das Factoring wiederum einen weiteren Vorteil für den Freiberufler. Die nötigen Daten, die der Factor für die Abrechnung benötigt, erhält er auf elektronischem Weg vom Freiberufler.

Factoring für verschiedene Freiberufler

Bei vielen Freiberuflern ist das Factoring inzwischen gang und gäbe und stellt keine Besonderheit mehr dar. So zum Beispiel bei Ärzten. Speziell für Ärzte und Zahnärzte gibt es verschiedene Anbieter und Verrechnungsstellen, die das Factoring übernehmen und so vor Forderungsausfällen schützen. Auch Steuerberater wurden in diesem Artikel bereits erwähnt, hier geht der Trend ebenfalls zum Factoring. Durch Datev werden die nötigen Daten, die in der Kanzlei erfasst werden, direkt an das Factoringunternehmen übermittelt und stehen dort für die weitere Bearbeitung zur Verfügung.

Freie Journalisten haben damit zu kämpfen, dass sich ihre Anzahl auf dem Markt stetig erhöht. Das bringt nicht nur einen enormen Leistungsdruck, sondern sorgt auch dafür, dass die Preise verfallen. Gleichzeitig ist die Zahlungsmoral vieler Kunden sehr schlecht. Factoring ist auch für einen Journalisten, Redakteur, freien Texter und Schriftsteller sinnvoll. Es gibt einige Anbieter, die sich speziell auf diese Branche fokussiert haben und darüber hinaus auch einen freien Grafiker, Illustrator, Lektor, Korrektor und andere in der Medienbranche Tätige betreuen.

Die Rechnungen werden hier wie üblich aufgekauft und fortlaufend beglichen. Die Freiberufler als „Kunden“ der Factoringfirma erhalten binnen 48 Stunden ihr Geld – eine gute Basis für weitere Kalkulationen sowie eine hervorragende Planungssicherheit.

Egal, welcher Branche der Freiberufler angehört, die Vorgehensweise für das Factoring ist immer gleich:

  1. Registrierung des Freiberuflers beim Factor
  2. Zusenden des Finanzierungsvertrags durch den Factor
  3. Unterzeichnung des Vertrags und Rücksendung an den Factor
  4. Abstimmung der weiteren Vorgehensweise zur Finanzierung
  5. Entscheidung zur Machbarkeit des Factorings
  6. Übermittlung der Rechnungen des Freiberuflers an den Factor
  7. Auszahlung des Rechnungsbetrags abzüglich der vereinbarten Gebühr an den Freiberufler

Die Vorgehensweise beim Factoring ist automatisiert und bietet so allen Freiberuflern die Möglichkeit, ohne großen Aufwand an das Geld zu kommen. Selbst beratende Ingenieure und freiberufliche Pflegefachkräfte können das Angebot des Factorings nutzen.

Der Kundenkreis ist nicht eingeschränkt. So können sich Selbstständige aus freien beratenden Berufe oder freien Heilberufen wie der freiberuflicher Physiotherapeut, Heilpratiker oder Psychotherapeut, an eine Factoring-Firma wenden. Das Mahn- und Inkassowesen beschränkt sich nicht auf inländische Schuldner, auch Kunden der Freiberufler im Ausland werden berücksichtigt.

Die meisten Factoringunternehmen bieten ihre Leistungen schon für Rechnungen an, die ab einem Euro aufwärts gestaltet sind.
Jeder Freiberufler muss jedoch entscheiden, ob sich das Factoring für ihn lohnt oder nicht. Sinnvoll ist es für alle, bei denen der Forderungsausfall existenzbedrohend ist oder zu enormen Verlusten und weiteren Schwierigkeiten führen kann. Wer jedoch mit seinem monatlichen Umsatz gerade so über die Runden kommt, wird sich die Factoringgebühr sicherlich nicht leisten wollen.

Ausschlaggebend ist daher gerade für Texter, Fotografen, Lektoren, Wissenschaftslektoren, Übersetzer und Dolmetscher sowie weitere Freiberufler, an welchen Kundenkreis sich ihre Leistungen richten.

  • Wie ist die Zahlungsmoral dieser Kunden?
  • In welcher Höhe werden die Rechnungen regelmäßig ausgestellt?
  • Werden sehr viele kleine Rechnungen versandt, so kann auf das Factoring eher verzichtet werden als bei wenigen großen Rechnungen.

Diese Tipps, Hinweise, Empfehlungen zum Factoring für Freiberufler und Selbstständige stammen vom Autor: Jürgen Busch

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Über den Autor

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Jürgen Busch

Als Autor und Internetunternehmer verfasste Jürgen Busch zahlreiche Beiträge für dieses Ratgeber-Portal. Im Fokus standen die Themenbereiche Existenzgründung, Marketing, Akquise und Honorare für Freiberufler aus dem Medienbereich. Als glücklicher Opa von fünf Enkelkindern betreibt er heute Ratgeber-Portale für die Zielgruppe „Oma & Opa“. Grossvater.de ist dabei sein Lieblingsprojekt.

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