Arbeitslosenversicherung für Freiberufler & andere Selbstständige
Letzte Aktualisierung am: 29. Juni 2024
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Freiberufler und andere Selbstständige können zwar nicht gekündigt werden, es besteht jedoch die Gefahr, dass Aufträge ausbleiben, sie deshalb nicht mehr genug Geld verdienen und sie ihre Tätigkeit aufgeben müssen. Mit einer Arbeitslosenversicherung können Selbstständige für den Fall der Fälle vorsorgen und sich gegen den Wegfall des Einkommens absichern.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitslosenversicherung im Überblick
Arbeitgeber, Arbeitnehmer und freiwillig Versicherte zahlen Beiträge in die gesetzliche Versicherung ein. Daraus werden die entsprechenden Leistungen finanziert. Werden Versicherte arbeitslos, erhalten sie über einen bestimmten Zeitraum das Arbeitslosengeld I – kurz ALG I. Außerdem werden sie unter anderem dabei unterstützt, zeitnah eine neue Stelle zu finden. Mehr allgemeine Informationen zur Versicherung finden Sie an dieser Textstelle.
Zu den Leistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung (kurz AV) gehört es, dass Versicherte aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung für einen begrenzten Zeitraum einen Lohnersatz erhalten, wenn Arbeitslosigkeit eintritt – das sogenannte Arbeitslosengeld I (ALG I). Wie hoch dieses für freiwillig versicherte Freiberufler ausfällt, erfahren Sie in diesem Abschnitt. Zum anderen übernimmt die Agentur für Arbeit auch Weiterbildungskosten und Versicherte erhalten Hilfe und Beratung, etwa zur beruflichen Eingliederung sowie bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle.
Beiträge für die gesetzliche Arbeitslosenversicherung zahlen sowohl versicherungspflichtige Arbeitnehmer als auch ihre Arbeitgeber. Hinzu kommen freiwillig versicherte Freiberufler und andere Selbstständige. Des Weiteren trägt der Bund mithilfe von Zuschüssen und Darlehen zur Finanzierung der Versicherung bei.
Freiberufler & Co. haben die Möglichkeit, sich freiwillig über die gesetzliche Arbeitslosenversicherung abzusichern. Alternativen bestehen im Abschluss einer privaten Versicherung oder der Bildung von finanziellen Rücklagen, um einen längeren finanziellen Engpass wegen Arbeitslosigkeit zu überbrücken. Mehr zu den beiden letzten Optionen können Sie hier nachlesen.
Für Pflichtversicherte liegt der Beitragssatz bei 2,6 Prozent des Arbeitsentgelts. Dabei teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber dies und zahlen die Hälfte – jeweils also 1,3 Prozent (Stand 01/2024). Freiberufler und andere Selbstständige müssen nach Ende der Startphase monatlich 91,91 Euro (West) bzw. 90,09 Euro (Ost) zahlen. An dieser Stelle haben wir mehr zum Beitrag für Selbstständige für Sie zusammengefasst.
Wann springt eine Arbeitslosenversicherung ein?
Grundsätzlich schützt eine Arbeitslosenversicherung laut allgemeiner Definition die Versicherten vor einem kompletten Wegfall des Einkommens bei eintretender Arbeitslosigkeit. Verliert eine Person ihren Arbeitsplatz, erhält sie Geld aus der Versicherung und kann damit weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten.
In Deutschland ist für viele Personen die gesetzliche Arbeitslosenversicherung, die Teil des Sozialversicherungssystems ist, am wichtigsten. Arbeitslosenversicherungspflichtig sind in diesem System die meisten Arbeitnehmer, also abhängig Beschäftigte, sowie unter anderem auch Auszubildende.
Die für die gesetzliche Arbeitslosenversicherung fälligen Beiträge zahlt zur Hälfte der Arbeitnehmer, die andere Hälfte übernimmt der Arbeitgeber. Insgesamt liegt der Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung bei 2,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Der Arbeitnehmer zahlt davon 1,3 Prozent (Stand 01/2024).
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und anderen Sozialversicherungen werden nicht auf das volle Einkommen fällig, wenn dieses eine bestimmte Grenze übersteigt. Die für die Arbeitslosenversicherung angesetzte Beitragsbemessungsgrenze liegt im Jahr 2024 bei 90.600 Euro (West) bzw. 89.400 Euro (Ost) pro Jahr. Liegt Ihr Einkommen darüber, müssen Sie nur für den Teil, der unter der Grenze liegt, die entsprechenden Abgaben leisten.
Der für die gesetzliche Arbeitslosenversicherung zuständige Träger ist die Bundesagentur für Arbeit. Viele Leser mögen sich in diesem Zusammenhang fragen, wie es hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung um die Finanzierung bestellt ist. Zum einen fließen die Beiträge der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und freiwillig Versicherter in den Topf. Zum anderen gibt es Zuschüsse und ggf. Darlehen vom Bund.
Welche Optionen gibt es bezüglich der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige?
Freiberufler und andere Selbstständige sind im Normalfall nicht über das allgemeine Sozialversicherungssystem abgesichert, sondern müssen selbst für bestimmte Fälle vorsorgen. Möchten sie sich vor dem Wegfall des Einkommens wegen eintretender Arbeitslosigkeit schützen, gibt es drei Optionen:
- Freiwillige Arbeitslosenversicherung bei der Agentur für Arbeit
- Private Arbeitslosenversicherung
- Bilden von ausreichend großen finanziellen Rücklagen
Freiwillige Arbeitslosenversicherung über die Agentur für Arbeit
Bestimmte Freiberufler und andere Selbstständige können sich freiwillig über die gesetzliche Arbeitslosenversicherung versichern lassen. Das ist jedoch nur unter gewissen Voraussetzungen möglich.
Der wichtigste Punkt: Die Versicherung soll Existenzgründer am Anfang ihrer Tätigkeit schützen. Sie müssen den Antrag auf die freiwillige Versicherung innerhalb von drei Monaten, nachdem sie ihre selbstständige Arbeit aufgenommen haben, stellen. Ist eine Person hingegen schon länger selbstständig, ist diese Arbeitslosenversicherung keine Option mehr.
Damit eine freiwillige Versicherung möglich ist, muss die selbstständige Tätigkeit mindestens 15 Stunden pro Woche umfassen. Eine der beiden weiteren folgenden Voraussetzungen müssen Gründer außerdem erfüllen, um in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen zu werden:
- Sie haben eine Entgeltersatzleistung laut Drittem Sozialgesetzbuch (SGB III) erhalten, unmittelbar bevor sie die Selbstständigkeit begonnen haben. Zu diesen Leistungen gehört unter anderem das Arbeitslosengeld I und das Kurzarbeitergeld.
- Sie waren im Zeitraum der vergangenen 30 Monate mindestens 12 Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt.
Wie hoch ist der Beitrag für die Arbeitslosenversicherung?
Der AV-Beitrag für freiwillig Versicherte errechnet sich nicht wie bei Arbeitnehmern anhand des Einkommens. Vielmehr handelt es sich hierbei um festgelegte Summen. Freiberufler & Co. in den alten Bundesländern zahlen im Jahr 2024 monatlich 91,91 Euro, in den neuen Bundesländern liegt der für die Arbeitslosenversicherung zu zahlende Beitrag bei 90,09 Euro.
Gut zu wissen: In der sogenannten Startphase, also im Jahr der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sowie dem darauffolgenden Jahr, zahlen Freiberufler & Co. nur die Hälfte der genannten Beiträge – da sind 45,96 Euro (West) bzw. 45,05 (Ost).
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld für Freiberufler?
Beenden Sie Ihre selbstständige Tätigkeit und haben Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, richtet sich die Höhe der Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nach Ihrer Qualifikation – also Ihrem Ausbildungsstand. Es ist dabei nicht von Bedeutung, wie hoch Ihr Einkommen während der Selbstständigkeit war.
Die Richtwerte für das Jahr 2023 liegen für eine Person in Steuerklasse III ohne Kinder bei:
- 977,70 Euro für die Qualifikationsgruppe 4 (keine Ausbildung)
- 1.276,50 Euro für die Qualifikationsgruppe 3 (abgeschlossene Ausbildung)
- 1.534,20 Euro für die Qualifikationsgruppe 2 (Meister oder Fachschule)
- 1.778,10 Euro für die Qualifikationsgruppe 1 (Fachhoch- oder Hochschule)
Private Arbeitslosenversicherung und Rücklagen als Alternative
Möchten oder können Sie sich nicht freiwillig versichern, bestehen zwei weitere Optionen, um für eine eintretende Arbeitslosigkeit vorzusorgen. Zum einen können Sie eine Arbeitslosenversicherung privat abschließen. Diese Möglichkeit haben auch Arbeitnehmer, die mit der Zusatzversicherung die Differenz zwischen vorherigem Einkommen und der Höhe des Arbeitslosengeldes ausgleichen können.
Zum anderen können Freiberufler & Co. vorsorgen, indem sie ausreichend große finanzielle Rücklagen bilden. Mit diesem Notgroschen können sie einen Zeitraum mit weniger oder keinem Einkommen überbrücken.
Legen Sie Geld dafür an, denken Sie daran, dass Sie kurzfristig darauf zurückgreifen können müssen. Langfristige Geldanlageformen – wie etwa das Festgeld – kommen hierfür also eher nicht in Frage.
Haben Sie als Selbstständiger keine Arbeitslosenversicherung und fällt Ihr Einkommen weg, können Sie unter gewissen Voraussetzungen Arbeitslosengeld II – eher bekannt als Hartz IV – beantragen.
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