Mehrwertsteuer: Alles Wichtige für Freiberufler
Letzte Aktualisierung am: 16. September 2024
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Mehrwertsteuer, Vorsteuer, Umsatzsteuer, Lohn- und Einkommensteuer… Ihnen raucht der Kopf? Das deutsche Steuersystem ist alles andere als übersichtlich. Deshalb erfahren Sie in diesem Beitrag alles, was Sie als Freiberufler zur Mehrwertsteuer wissen müssen. Beispielsweise informieren wir Sie darüber, wie Sie die Mehrwertsteuer berechnen können und ob für Sie eine Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht in Frage kommt.
Inhaltsverzeichnis
Mehrwertsteuer im Überblick
Die Mehrwertsteuer wird auf alle entgeltlichen, im Inland ausgeführten Leistungen eines Unternehmens erhoben. Sie betrifft sowohl Waren als auch Dienstleistungen. Verschiedene Leistungen werden allerdings unterschiedlich besteuert. Einen Überblick über die geltenden Mehrwertsteuersätze finden Sie hier.
Die beiden Begriffe werden in Deutschland synonym verwendet. Im Steuerrecht ist allerdings nur von der Umsatzsteuer die Rede.
Grundsätzlich muss jeder Selbstständige und somit auch jeder Freiberufler die Mehrwertsteuer ausweisen und abführen. Eine Ausnahme stellt die sogenannte Kleinunternehmerregelung dar. Das Wichtigste zu dieser Regelung erfahren Sie hier.
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Mehrwertsteuer – Was ist das eigentlich?
Die Mehrwertsteuer wird auch als MwSt abgekürzt. In Deutschland ist sie – neben der Einkommensteuer – eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staats. Sie wird auf den Mehrwert eines Produkts oder einer Dienstleistung erhoben und besteuert somit die Wertschöpfung.
Der Mehrwert ist der zusätzlich geschaffene Wert innerhalb eines Produktionsprozesses.
Es handelt sich bei der Mehrwertsteuer um eine indirekte Steuer. Zahlungsverpflichteter (Steuerschuldner) und wirtschaftlich Belasteter sind nämlich nicht dieselbe Person. Während Unternehmen die Mehrwertsteuer erheben und an das Finanzamt abführen, trägt sie letztendlich die Konsumentin oder der Konsument. Für Unternehmer ist die Mehrwertsteuer lediglich ein durchlaufender Posten.
Was ist der Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer?
Viele Menschen verwenden die Begriffe „Umsatzsteuer“ und „Mehrwertsteuer“ hierzulande synonym. Steuerrechtlich korrekt ist eigentlich nur der Begriff „Umsatzsteuer“. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird allerdings meist von der Mehrwertsteuer gesprochen.
Was wird wie hoch besteuert?
In Deutschland existieren zwei unterschiedliche Mehrwertsteuersätze:
- Der reguläre Mehrwertsteuersatz beträgt grundsätzlich 19 Prozent. Vom 01. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 wurde er auf 16 Prozent gesenkt.
- Der ermäßigte Steuersatz findet auf Güter des täglichen Bedarfs Anwendung. Er beträgt üblicherweise 7 Prozent und wurde für den genannten Zeitraum auf 5 Prozent gesenkt.
Als Güter des täglichen Bedarfs gelten unter anderem viele Lebensmittel und Kosmetikprodukte. Ganz nachvollziehbar ist die Unterscheidung allerdings nicht immer – so unterliegt Obst beispielsweise dem ermäßigten Mehrwertsteuersaft, Fruchtsaft dem regulären.
Wer ist umsatzsteuerpflichtig?
Gemäß § 1 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UstG) unterliegen grundsätzlich alle entgeltlichen, im Inland ausgeführten Leistungen eines Unternehmens der Umsatzsteuer. Auch Freiberufler sind somit prinzipiell umsatzsteuerpflichtig. Sie müssen die Mehrwertsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen und ans Finanzamt abführen. Ob Sie ein Gewerbe angemeldet haben, ist dafür nicht relevant.
Bestimmte Umsätze sind jedoch per se nicht von der Mehrwertsteuer betroffen. Außerdem können Sie sich als Freiberufler unter bestimmten Bedingungen von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen.
Welche Umsätze sind steuerfrei?
In § 4 UStG sind verschiedene Posten aufgelistet, die von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen sind. Darunter fallen zum Beispiel:
- Arzt- und Krankenhausbesuche
- oder bestimmte Pflegeleistungen.
Außerdem gilt für Künstler, Schriftsteller und ähnliche Berufe der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 bzw. Juli bis Dezember 2020 5 Prozent.
Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht: Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer
Die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht ist in § 19 UStG geregelt. Dieser wird auch als Kleinunternehmerregelung bezeichnet. Voraussetzung für eine solche Befreiung ist
- dass der Umsatz im vorangegangen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat und
- dass der Umsatz des laufenden Kalenderjahres voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird
Für Gründer und Gründerinnen ist die Kleinunternehmerregelung möglich, wenn der voraussichtliche Jahresumsatz nicht über 22.000 Euro liegen wird.
Wenn Sie sich von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen, entfällt allerdings auch die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs, welchen wir Ihnen in den nächsten Absätzen näher erläutern. Außerdem dürfen Sie die Mehrwertsteuer auch nicht auf Ihren Rechnungen ausweisen, sondern müssen Kunden und Kundinnen auf eine Umsatzsteuerbefreiung hinweisen. Wenn Sie auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, können Sie die Steuerbefreiung auch in den nächsten fünf Jahren nicht wahrnehmen.
Lohnt sich die Steuerbefreiung für mich?
Die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht hat einige Vorteile. Durch die Kleinunternehmerregelung können Sie günstigere Preise als Konkurrenten anbieten oder bei gleichen Preisen höhere Gewinne erzielen. Auch sparen Sie sich den Aufwand, die Mehrwertsteuer auszuweisen und ans Finanzamt abzuführen.
Andererseits können Sie die Vorsteuer auch nicht abziehen. Die Regelbesteuerung kann deshalb bei hohen betrieblichen Ausgaben von Vorteil sein. Es lohnt sich eine Vergleichsrechnung oder auch die Beauftragung eines Steuerberaters oder einer Steuerberaterin.
Wie kann ich die Mehrwertsteuer berechnen?
Die Mehrwertsteuer wird prozentual zum Verkaufspreis hinzugerechnet. Daraus resultiert der Bruttopreis für den Kunden oder die Kundin.
Nettopreis plus Mehrwertsteuer ergeben also den Bruttopreis.
Um die MwSt zu berechnen eignet sich ein Online-Mehrwertsteuerrechner. In diesen geben Sie zum Beispiel Nettobetrag und den geltenden Mehrwertsteuersatz in Prozent ein. Daraus berechnet das Online-Tool den Bruttobetrag sowie den Mehrwertsteuerbetrag für Produkt oder Dienstleistung. Umgekehrt können Sie auch aus Bruttobetrag und Mehrwertsteuersatz die Mehrwertsteuer ausrechnen.
Beispiel: Für ein Möbelstück veranschlagen Sie 100 Euro netto. Dazu kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Der Bruttopreis für Kunden oder Kundin beträgt also 119 Euro. Sie müssen für diesen Verkauf 19 Euro Mehrwertsteuer ans Finanzamt abführen.
Die Umsatzsteuer zu berechnen ist unter anderem für die Umsatzsteuervoranmeldung wichtig. Wenn Sie die Mehrwertsteuer ausweisen, müssen Sie die Voranmeldung vierteljährlich vornehmen. In den ersten zwei Geschäftsjahren ist – bis 01.01.2021 – eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung durchzuführen.
Wie funktioniert die Verrechnung mit der Vorsteuer?
Freiberufler, die die Mehrwertsteuer vereinnahmen, dürfen diese mit der sogenannten Vorsteuer verrechnen. Die Vorsteuer ist die Steuer, die Unternehmern und Unternehmerinnen als Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt wird, wenn sie ihrerseits Waren oder Dienstleistungen für die eigene Selbstständigkeit erwerben.
Hier ein kurzes Praxisbeispiel zum Vorsteuerabzug:
- Sie verkaufen Waren für 10.000 Euro netto. Die Mehrwertsteuer für diese beträgt 1.900 Euro.
- Um Ihre Produkte herzustellen, haben Sie Waren mit einem Nettowert von 6.000 Euro bezogen. Für diese wurde außerdem ein Mehrwertsteuerbetrag von 1.140 Euro fällig. Dieser Mehrwertsteuerbetrag gilt für Sie als Vorsteuer.
- Sie können diese Vorsteuer von der ans Finanzamt abzuführenden Mehrwertsteuer abziehen. Sie führen also 760 Euro Mehrwertsteuer (1.900 Euro – 1.140 Euro) ans Finanzamt ab.
Einige Unternehmer können ihre Vorsteuer auch pauschal abziehen. Das ist allerdings nur möglich, wenn sie die Einnahmen-Überschuss-Rechnung durchführen, unter einer gewissen Umsatzgrenze bleiben und zu einer bestimmten Berufsgruppe gehören.
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