Selbstständig als Trader arbeiten – kann man vom Trading leben?
Letzte Aktualisierung am: 14. Februar 2024
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Im Zeitalter der günstigen Online Broker beschäftigen sich immer mehr Menschen in ihrer Freizeit mit Trading. Was zunächst als Hobby beginnt, wird mit den ersten Gewinnen, die zu versteuern sind, zu einer nebenberuflichen Einnahmequelle. Besonders bei jungen Arbeitnehmern, Studenten und Freiberuflern kommt da schnell die reizvolle Idee auf, das Trading dauerhaft als Hauptberuf auszuüben. Doch wer sich als Trader selbstständig machen und davon leben möchte, sollte sich sorgfältig Gedanken über die Risiken machen – und einiges beachten.
Zugegeben, der Handel mit Aktien an der Börse und die Spekulation mit Währungen auf dem Devisenmarkt kann eine Menge Spaß machen sobald die ersten Gewinne realisiert werden. Wer einmal mit dem Trading beginnt und kurzfristigen Erfolg erfährt, den packt schnell der Hunger nach mehr. Um ein Hobby zum Beruf zu machen, braucht man aber mehr als nur Leidenschaft und Spaß. Eiserne Disziplin und professionelle Ernsthaftigkeit sowie die nicht zu unterschätzende finanzielle Möglichkeit, auch Durststrecken zu überbrücken, gehören unbedingt dazu.
In Deutschland sind neben klassischen Aktien sogenannte CFDs (Contracts for Difference bzw. Differenzkontrakte) bei privaten Tradern besonders beliebt. Der deutsche CFD-Verband hat interessante Daten zur Anlegertypologie bei deutschen CFD-Anlegern veröffentlicht. Demnach traden nur 4,2% der befragten Anleger als Profi Trader, also zur Erwirtschaftung des eigenen Lebensunterhalts. Der deutlich überwiegende Teil der Anleger, sieht Trading lediglich als sinnvolle Möglichkeit der Kapitalanlage.
Unabhängig vom Anlegerprofil sind CFDs auf den Dax bei deutschen Tradern am stärksten gefragt. Dies hat sicherlich nicht nur mit dem sogenannten Home Bias (Heimatmarktneigung) zu tun, sondern ist auch der Tatsache geschuldet, dass deutsche Dax-Unternehmen weltweit sehr gut positioniert sind oder gar eine Marktführerschaft auf ihrem jeweiligen Sektor innehaben.
Kein Wunder also, dass das Traden mit Dax CFDs in Deutschland weit verbreitet ist. Wenn Sie nun aber mit dem Gedanken spielen, sich als Trader selbstständig zu machen und davon zu leben, sollten Sie sich viel Zeit für eine gründliche Planung zu Ihrem professionellen Start nehmen. Bei den Vorbereitungen auf die Existenzgründung sollten folgende Aspekte nicht zu kurz kommen:
Den bisherigen Track Record genau analysieren
Sind Sie wirklich so ein guter Trader, wie Sie glauben? Haben Sie Ihre Gewinne nur in einem allgemein guten Marktumfeld erzielt oder haben Sie auch gute Erfahrungen in stürmischen Zeiten der Finanzmärkte gemacht?
Beantworten Sie diese Fragen möglichst unvoreingenommen und seien Sie sich sicher: Währungen bleiben nicht immer stabil und Aktienmärkte sind nicht immer bullisch. Früher oder später kommt auch die Baisse. Fangen Sie an, all Ihre Handelsumsätze und Positionen genauestens zu dokumentieren. Nur mit einem sorgfältig geführten Trading Journal können Sie Ihren Erfolg messen und Ihre Rendite weiter ausbauen.
Steuern und Pflichtabgaben genau kennen und berechnen
Während Sie als nebenberuflicher Trader nur einen geringen Anteil Ihrer Gewinne abzugeben haben, müssen Sie im Hauptberuf mit deutlich höherem Druck rechnen. Je nach Konstellation kommen verschiedene Arten von Steuern auf Sie zu. Sofern Sie Ihre Tätigkeit nicht als “private Vermögensverwaltung” deklarieren, werden Sie ab einem bestimmten Zeitpunkt auch Gewerbesteuer entrichten.
Lassen Sie sich unbedingt von einem Steuerberater darüber aufklären, welche Steuern Sie zu bezahlen haben und wie hoch diese unter verschiedenen Modellannahmen ausfallen würden. Berücksichtigen Sie auch Vorauszahlungen nach gut laufenden Phasen. Viele Selbstständige und Freiberufler scheitern oftmals an den Steuervorauszahlungen, die für zukünftige Gewinne zu leisten sind.
Neben den Steuern müssen Sie außerdem Sozialversicherungsabgaben von Ihrem Einkommen abziehen. Seien Sie hierbei vor Mindestabgaben gewarnt: Bestimmte Mindesteinkommensgrenzen werden nämlich auch dann festgesetzt, wenn Ihr Einkommen deutlich darunter liegt. Für hauptberuflich Selbstständige liegt das Mindesteinkommen in der freiwilligen Krankenversicherung derzeit bei monatlich 2.283,50 Euro, zunächst unabhängig davon, ob Sie tatsächlich so viel Gewinn erwirtschaften oder nicht.
Selbstständige können unter Umständen die Beitragsbemessungsgrundlage auf 1522,50 Euro senken, beispielsweise wenn sie einen Gründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Allerdings sollten diese Beträge wirklich nur als vorübergehend angesehen werden. Denn Hand aufs Herz: Wer kann schon davon dauerhaft leben, nach Abzug aller Abgaben, Miete und fixen Ausgaben?
Welche Einnahmemöglichkeiten haben Trader?
Um auf die Eingangsfrage direkt einzugehen: Ja, man kann vom Trading leben. Aber nur die wenigsten Trader können das gut und dauerhaft. Sie benötigen eine funktionierende Tradingstrategie, die sich hartnäckig bewährt hat, und zwar nicht in der Theorie und nicht bei irgendwelchen anderen Tradern und Mentoren, sondern tatsächlich von Ihnen selbst umgesetzt. Falls Sie Ihre Handelsstrategie bereits jahrelang erfolgreich einsetzen und Ihre Regeln diszipliniert befolgen können und Sie sich unbedingt als Trader selbstständig machen wollen, dann hilft nur kalkulieren und ausprobieren.
Nehmen Sie zunächst all die oben genannten Ausgaben sowie weitere Fixkosten für Betriebsmittel, Internet, Telefon, Strom, Softwaregebühren etc. in Ihren Businessplan auf und berechnen Sie, wie viel Gewinn Sie monatlich mit Ihren Trading-Aktivitäten erzielen müssten, um davon leben zu können und – das ist jetzt ganz wichtig – auch noch Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden.
Da das Leben eines Traders ohnehin den hohen Risiken der Märkte ausgesetzt ist, sollten Sie außerdem versuchen Ihre Einnahmequellen zu diversifizieren. Als Trader können Sie nämlich nicht nur mit eigenem Kapital handeln, sondern auch auf Rechnung im Auftrag mit Wertpapieren und Devisen traden. Freiberufliche Trader werden gerne von Brokerhäusern und Vermögensverwaltern, aber auch von kleineren Privatbanken eingesetzt. Wenn Sie hierbei einen guten ersten Job erledigen, sind Folgeaufträge fast schon garantiert.
Fachwissen stetig ausbauen
Allerdings sollten Sie sich bewusst machen, dass derartige Aufträge von renommierten Häusern mehr als Anfängerkenntnisse im Kaufen und Verkaufen von Finanzprodukten erfordern. Wenn Sie in diesem Bereich aktiv werden möchten, müssen Sie Ihr Fachwissen über die Finanzwelt, die Börsen und die großen Zusammenhänge der Weltwirtschaft sowie ihre Mechanismen ständig vertiefen. Sie müssen verstehen, wie Staatsanleihen funktionieren, welche Auswirkungen Kursschwankungen beim Öl und Gold mit sich bringen und wie das ganze Zinssystem funktioniert. Kurz: Ein solides Grundwissen in Volkswirtschaft und Wirtschaftswissenschaften ist das Mindeste, was Sie abrufen müssen.
Neben einem breiten Wissen über Finanzgeschäfte sollten Sie sich aber auf eine Kernkompetenz spezialisieren. Unabhängig davon, ob Sie mit Aktien oder Devisen handeln, ob Sie Hebelprodukte einsetzen oder mit großen Summen auf kleine Gewinne abzielen: Suchen Sie sich ein spezielles Trading Feld aus, auf dem Sie sich bestens auskennen und für das Sie bereit sind, Ihre Kenntnisse fortwährend zu vertiefen. Diese können beispielsweise Small Cap Unternehmen aus dem Energiesektor betreffen oder Derivate eines bestimmten Marktes sein.
Doch vergessen Sie eines nicht: Spekulationsgeschäfte, insbesondere mit Hebelprodukten, sind sehr riskant und wenn Ihre Handelsstrategie nicht aufgeht, können Sie große finanzielle Verluste erleiden, die Sie und möglicherweise auch Ihre Familie aus der Bahn wirft. Probieren Sie Ihre Strategie also äußerst vorsichtig und gut dosiert aus und wenn Sie funktioniert: Werden Sie bloß nicht gierig und überschätzen Sie Ihre Fähigkeiten nicht. Denn Hochmut kommt vor dem Fall!
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